Homöopathie bei Zahnungsproblemen – oder was?

Man kommt gar nicht mehr nach mit dem Stellungnehmen, so schnell wächst der Unsinn an Studien nach – oder was für eine solche gehalten wird. Der neueste Erguss: Eine angebliche Studie angeblich zur Homöopathie bei Zahnungsproblemen bei Kindern [1]:

Bild: Pixabay

Zunächst handelt es sich bei dieser Arbeit nicht um eine klinische Studie. Vielmehr werden hier Daten aus einer Maßnahme des Indischen Gesundheitswesens betrachtet, mit der man versucht, die Gesundheit von Bevölkerungsschichten zu heben, die nur begrenzten Zugang zu medizinischen Einrichtungen haben. Zu diesem Zweck hat man sogenannte ASHAs ausgebildet (ASHA = Accredited Social Health Activist, etwa anerkannte soziale Gesundheitshelferin) und mit elementarem medizinischen Wissen ausgestattet. Jeweils etwa 1000 Einwohner werden von einer solchen Frau in Gesundheitsfragen unterstützt und beraten. Einfache, häufig auftretende Beschwerden kann sie direkt behandeln, wobei sie eine kleine Notfallapotheke mit sechs verschiedenen homöopathischen Mitteln zur Verfügung hat. Allerdings sind die ASHAs auch in anderen Methoden als der Homöopathie unterwiesen, etwa Durchfallerkrankungen mittels Rehydration zu therapieren oder Erkältungskrankheiten zu behandeln.

Ernstere Erkrankungen und alle, die länger als drei Tage anhalten, vermitteln die ASHAs an weiterbehandelnde Ärzte. Unter den Beschwerden, für deren direkte Behandlung die Frauen ausgebildet sind, finden sich auch häufig bei Kindern auftretende Probleme: Durchfallerkrankungen, Erkältungen, Koliken und Infektionen. Eine wichtige Funktion ist die Beratung und Aufklärung zu einer gesunden Lebensweise, etwa über Hygiene und gesunde Ernährung.

In diese Betrachtung wurden über 11.000 Kinder aufgenommen, die von mehr als 750 ASHAs behandelt wurden. In dem Artikel wird nicht dargestellt, ob alle Kinder aus dem Umfeld in die Betrachtung eingeschlossen wurden oder nur solche, bei denen gesundheitliche Probleme vorgelegen haben. Sie waren jeweils zwischen sechs und zwölf Monaten alt und ihre Entwicklung wurde jeweils zwölf Monate lang verfolgt. Grundsätzlich erhielten alle Kinder vom Beginn an bis zum Alter von 12 Monaten täglich Calcarea phosphoricum D6. Die anderen fünf Mittel wurden nach Indikation angewendet.

Erstaunlich: Entgegen dem Titel der Arbeit war das Zahnen der Kinder nicht das Ziel und Einsatzgebiet der ASHAs: Offenbar wurde nur der Stand der Zahnbildung, also die Anzahl der durchgebrochenen Zähne erfasst, ohne dass die ASHAs hier direkt tätig wurden. Behandelt wurden nur Beschwerden, die – obwohl die Autoren anderslautende Arbeiten zitieren – als mit Zahnungsbeschwerden verbunden angesehen werden: Durchfall, Fieber etc. Im Artikel werden die Daten zu Durchfallerkrankungen, Erkältungskrankheiten und zur Zahnentwicklung präsentiert.

Für Erkältungs- und Durchfallbeschwerden werden keine Vergleichsdaten angegeben, allerdings lässt sich aus den Daten erkennen, dass die Episoden dieser Erkrankungen in der Folgezeit drastisch abnahmen. Die weit überwiegende Mehrzahl der ASHAs fand die Homöopathie hilfreich und für die Kinder nützlich. Das ist alles, was es an Ergebnis gibt, mit dem die Folge der homöopathischen Behandlungen bewertet wurden. Woraus die ASHAs das schließen, wird nicht berichtet. Die Autoren der Arbeit führen selbst an, dass die Verbesserungen das Ergebnis der Arbeit der ASHAs sind und nicht zwangsläufig auf den Einsatz der Homöopathika zurückgeführt werden können. Gerade die Einflüsse verbesserter Hygiene und Ernährung auf Durchfallerkrankungen dürften einleuchtend sein.

Und was hat es jetzt mit den Zahnungsbeschwerden auf sich, auf die der Titel der Arbeit hindeutet?

In der Zusammenfassung der Arbeit wird berichtet, dass Kinder, die mit sechs Monaten in die Betrachtung aufgenommen wurden, schneller der zu erwartenden Zahnentwicklung entsprachen als Kinder, die mit 12 Monaten aufgenommen wurden. Konkret heißt das, dass 25,5 % der erstmalig im Alter von sechs Monaten erfassten Kinder mit 12 Monaten sechs Zähne hatten, jedoch nur 13,3 % der Kinder, die erst mit 11 Monaten aufgenommen wurden.

Ein weiterer Punkt: Bei 52 % der Kinder, die mit 11 Monaten noch keine Zähne hatten, und bei 84 % der Kinder, die mit 12 Monaten noch keine Zähne hatten, ist innerhalb eines Monats nach der Erfassung ein Zahn durchgebrochen.

Hat das alles etwas mit der Gabe der Homöopathie zu tun, die alle Kinder bis zum Alter von 12 Monaten in Form von täglich zwei Tabletten Calcarea phosphoricum D6 erhielten, oder sind das normal zu erwartende Spontanverläufe? Da es keine Vergleichsgruppen gibt, kann dies nicht mit letzter Gültigkeit beantwortet werden, aber es ist sicher kein erstaunlicher Befund, dass mit zunehmendem Alter der Kinder der Durchbruch des ersten Zahns innerhalb der nächsten Wochen immer wahrscheinlicher wird.

Die Autoren der Arbeit weisen auch hier korrekterweise darauf hin, dass man diese Befunde nicht als positive Wirkung der Homöopathie zuordnen könne, dazu sei, wie sie richtigerweise schreiben, eine klinische Studie mit Kontrollgruppe erforderlich.

Aber ob dies bei den Lesern auch so ankommt? Die Reaktion von Herrn Behnke von der Carstens-Stiftung lässt Zweifel aufkommen. Er behauptet auf Twitter, diese Arbeit belege den erfolgreichen Einsatz der Homöopathie (Link). Nun ja, man sollte schon mehr lesen als nur den Titel der Arbeit und die bunten Bildchen.

Literatur

[1] Taneja D, Khurana A, Vichitra A et al.: An Assessment of a Public Health Initiative of Homeopathy for Primary Teething; Homeopathy (2019);108:2-11, (Link)

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Blog veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

14 Antworten zu Homöopathie bei Zahnungsproblemen – oder was?

  1. borstel sagt:

    Frau Grams im Zitat eines Zitates, das nenne ich jetzt mal eine Matrjoschka.

    Dr. Wurster ist allerdings – in diesem Paper – vorsichtiger als Sie, wenn er schreibt: „dass wir immer nur eine begleitende homöopathische Therapie empfehlen und nur in den Fällen, bei denen die schulmedizinischen Therapiemöglichkeiten bereits ausgeschöpft sind…“

    Aber Chuzpe hatter ooch, der Wurster! Zitat: „Es ist unverständlich, warum mir ein Interessenkonflikt vorgeworfen wird, nur weil ich als homöopathischer Arzt, der in einer homöopathischen Klinik arbeitet, über unsere homöopathischen Behandlungserfolge schreibe: Analog müsste ja dann z. B. ein Chirurg einen Interessenkonflikt angeben, nur weil er an einer chirurgischen Klinik arbeitet.“ Natürlich hat er einen Interessenkonflickt, und wenn er mit Leib und Seele Homöopath ist, dann nicht nur wegen der ökonomischen Interessen, Herr Dr. Aust, sondern auch aus ideellen Gründen.
    Auch ich bin geneigt, meine Verfahren als „die besseren“ anzusehen. Und als Beispiel gerade für eine Chirurgie, die durch ihre unerbittliche Propagierung zu sehr viel Leid geführt hat, sei wiederum der Brustkrebs genommen – mit der brutalen und vollkommen unnützen Operation nach Halsted und Rotter.
    Als Lektüre für Ihren Urlaub sei Ihnen von mir daher S. Mukherjees Buch „Der König aller Krankheiten“ empfohlen, hier besonders die Seiten 257 ff.

  2. Norbert Aust sagt:

    Herr Hümmer,

    wenn Sie mehr Texte von mir gelesen hätten, wüssten Sie, dass ich eigentlich kein großes Problem damit habe, dass die Autoren einen Interessenkonflikt haben. Es ist aus meiner Sicht einfach naiv anzunehmen, dass jemand Forschungsvorhaben durchführt oder finanziert, kein wirtschaftliches Interesse daran haben sollte, dass das Ergebnis in die eine oder andere Richtung ausfällt, s. hier: http://www.beweisaufnahme-homoeopathie.de/?p=187

    Ich finde es nur immer wieder merkwürdig und die Realität verzerrend, dass uns Skeptikern gerne unterstellt wird, wir würden von irgendwem für unser Engagement bezahlt – dass die Verfechter der Homöopathie hingegen zumeist damit ihren Lebensunterhalt verdienen wird hingegen gerne ausgeklammert. Es geht mir nicht darum, den Beitrag unseriös erscheinen zu lassen – es geht mir um nichts weiter als Ehrlichkeit dem Leser gegenüber.

  3. Heinrich Hümmer sagt:

    „20. Wurster J, Frass M. Replik auf den Leserbrief von Herrn Dr. Norbert Aust et al. zu „Zusatznutzen der Homöopathie in der Onkologie“. Dtsch Z Onkol. 2018;50(04):193–193.“
    ….bei „et al.“ ist Grams mit von der Partie!

  4. borstel sagt:

    Nun, dann einen schönen Urlaub.

    Da ich auch Palliativmediziner bin, gehöre ich nicht zu den Onkologen, die aus reiner Machtversessenheit heraus irgendwelche Dinge tun. Das sind Menschen, deren Denkart ich im übrigen zutiefst ablehne.

    Erlauben Sie mir aber trotzdem, darauf hinzuweisen, daß ich mir eine „Zusammenarbeit“ (was immer das bedeuten möge) mit Ihnen ganz und gar nicht vorstellen kann. Und daß meine Generalkritik an Ihrem Paper nicht von Ihnen ausgeräumt worden ist: Ich habe die Punkte doch klar dargestellt – worauf warten Sie (natürlich auch gerne nach dem Urlaub…)?

    Und noch eine Frage: Wo zitieren Sie Frau Grams?? In der Volltextsuche in ihrem Artikel kommt ihr Name nicht vor!

  5. Heinrich Hümmer sagt:

    @Borstel:
    Das klingt doch jetzt viel vermittelnder. Ich könnte mir durchaus eine Zusammenarbeit mit Ihnen vorstellen in gegenseitiger Achtung der Vorgehensweise und raschen, pragmatischen Entschlüssen, wenn Sie nicht so weit entfernt wären….
    Und zum Abschluß, weil Urlaubsbeginn, nur noch soviel:
    Es gibt so eine Homöopathie und so eine…..
    Aber es gibt auch so eine Chrirurgie, die z.B. alles operiert, was nicht flüchten kann, und es gibt die abwägende und vorsichtige…
    Es gibt die „brutale“ Onkologie“ ohne Rücksicht auf den Sinn der Maßnahme und es gibt die menschlich-einfühlsame….
    Ich (bekannt als homöopathischer Häretiker!) bevorzuge die pragmatische, selbstkritische, um die eigenen Grenzen wissende und adjuvant [lat. „ergänzend“, „unterstützend“] oder neoadjuvant (oder wie auch immer Sie es nennen wollen) eingesetzte Homöopathie, die nur das Wohl des Patienten und das Simile- oder Resonanz-Prinzip als Leitschnur anerkennt. Und damit erkenne ich ich eigentlich auch nur ein absolut zentrales Wirkprinzip in der gesamten Natur an, auch wenn ich noch nicht erklären kann, wie es sich im konkreten Fall umsetzt (es aber täglich empirisch beobachten kann). Und dass ich dabei sorgfältig und abwägend vorgehe, können Sie mir (gerade angesichts des beschriebenen Falles) vermutlich nicht absprechen.
    P.S. Auch Frau Grams hatte in ihrer „alten Zeit“ sicherlich ähnliche Fälle, Erfahrungen und Erfolge, hat aber vermutlich aus der Enttäuschung über ihren Guru Hahnemann und die (am eigenen Leib?) erfahrenen Grenzen der Homöopathie die falschen Schlüsse gezogen. Obwohl sie ja in ihrem Buch noch konzidiert:“Ab der emotionalen Ebene haben wir es nicht mehr mit rein materiellen, messbaren biologisch-physikalischen Tatsachen zu tun“!
    (Sorry, aber angesichts Ihrer kritischen Erwähnung von Payrhuber in der Literaturliste konnte ich mir diesen Seitenhieb bzgl. der in der Literaturliste auch erwähnten Frau Grams jetzt auch nicht ersparen….) .
    Herzlichst!

  6. borstel sagt:

    In Ordnung, dann habe ich Pa und Pa verwechselt. Der Punkt geht an Sie. Wollen Sie mir bitte trotzdem gütigst mitteilen, was Scholtens Methode, Homöopathie anzuwenden, plausibler macht, als beispielsweise die von Vithoulkas oder Sankaran? Immerhin hätten Sie ja Payrhuber nicht zitieren müssen.
    Im übrigen zieht das Autoritätsargument nicht: Auch jemand, der in renommierten Journals publiziert hat, kann Böcke schießen (denken wir an Montagnier…).

    Was den federführenden Onkologen angeht, der zwei Monate zur Komplettierung eines Stagings bei Verdacht auf Malignom gebraucht hat: Das ist zwar nicht Ihr Versehen, aber Sie sollten sich die Kooperation mal gut überlegen (sagt Ihnen ein Onkologe).

    Bezüglich Prof. Ernst: Hahn ist ja ein feiner Gewährsmann. Aber Sie irren sich: Weder bin ich Edzard Ernst, noch bin ich einer seiner Parteigänger.

    Nein, publiziert habe ich noch nichts – na und? Publikationen kann ich trotzdem beurteilen.

    Was Ihre Polemik gegen predatory journals angeht: Genau das habe ich ja beiseite geschoben. Ich fand im Gegenteil den Fallbericht von Potts interessant und es war mir egal, wo der Bericht veröffentlicht worden ist.

    Was das „Aufhängen an Kleinigkeiten“ angeht: Auch neoadjuvant wäre ein falscher Begriff, denn eine neoadjuvante Therapie bedeutet eine Vorbehandlung, z.B. vor einer Operation. Beispiel ist wieder Brustkrebs: Heutzutage wird eine Chemotherapie zur Tumorverkleinerung vor Op eingesetzt. Ich kann nicht sehen, was bei Ihrer Patientin nach der Coniumgabe sonst noch verabfolgt wurde.

    Nochmals zu Potts et al.: Ich habe ja selbst festgestellt, daß er sich fragt, ob die durchgeführte Nadelbiopsie kausal für die Remission des Lymphoms war – Eigentor, Herr Dr. Hümmer.

    Und was nun ihr Argument angeht „-genau lesen ist angesagt: Keine Reaktion nach Nadelbiopsie und UNMITTELBARER (d.h. 1 Tag nach Einnahmebeginn) Beginn der stetigen Größenreduktion des Lypmphknotens“, auf den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität hat Dr. Aust ja schon hingewiesen. Aber gehen wir doch einmal davon aus, dass in Potts‘ Fall die Remission des Lymphoms zwei Wochen nach Biopsie durch die Biopsie hervorgerufen worden ist. Im von Ihnen vorgestellten Fall kommt es zur Remission eine Woche nach der Biopsie. Der zeitliche Unterschied zum von Potts vorgestellten Fall ist wahrlich nicht groß, und im Gegenteil, auch hier vergehen einige Tage bis zur beginnenden Remission – wie man es für eine Immunreaktion erwartet. Nota bene: Es geht mir hier nicht darum, die These „Remission als Biopsiefolge“ zu stützen, sondern darauf hinzuweisen, daß sich der von Ihnen vorsgestellte Fall von dem von Potts im Ablauf nur gering unterscheidet (von Conium C30 einmal abgesehen). Ergo: Wir wissen nicht, was die Remission ausgelöst hat, und sich auf das Homöopathikum festzulegen, ist nicht schlüssig zu begründen.

    Zum Thema Fahrlässigkeit: Sie werden wissen, daß bestimmte Tumorerkankungen binnen Wochen zum Tode führen können, wenn sie nicht rasch behandelt werden (die Beispiele habe ich genannt, aber auch anaplastische Schilddrüsenkarzinome und bestimmte Hirntumoren können dazugehören). Selbst wenn Sie die Patienten täglich einbestellten und mit Labor und Röntgenuntersuchen traktierten, um das Wachstum des Krebses zu dokumentieren, bleibe ich dabei: Es ist vertane Zeit.

    Zu guter Letzt: „Für alle weitere anregende (?) Kritik bitte den wissenschaftlich anerkannten Weg eines Kommentars an das Journal wählen!“ Das habe ich jetzt nicht gemacht, und das haben Sie sich selbst zuzuschreiben, denn Sie haben ja hier Ihren Fallbericht präsentiert – also werde ich ihn auch hier weiter kommentieren.

    Kein Drachenkopf, nirgends… …aber eine wunderschöne Spontanremission, und ich glaube, das alleine ist doch eigentlich ein Grund sich zu freuen, denn wer in seiner langjährigen Praxis kann schon sonst von einem solch beeindruckenden Fall und glücklichen Verlauf berichten (und nein, das war jetzt wirklich nicht ironisch gemeint).

  7. Heinrich Hümmer sagt:

    Lieber Herr Borstel,
    wie Sie im Grunde selbst konzidieren: Viel Polemik (z.B. bzgl. der aufgeführten Autoren) und wenig essentielle Kritik. Zwar haben Sie intensiv und ausführlich am Drachenkopf gekaut, ihn aber nicht richtig verdaut, er stößt dauernd auf!
    – Dr. Payrhuber ist nicht CoAutor sondern Frau Prof. Pachmann (beide beginnen mit Pa…was man in der Polemik-Vernebelung schnell übersehen kann). Und schauen Sie sich mal die Veröffentlichungen von Prof. Pachmann an, wo Sie ja so auf die „predatory journals“ herabschauen. Ist „Cancers“ gut genug für Ihre Ansprüche und WO HABEN SIE VERÖFFENTLICHT?
    -genau lesen ist angesagt: Keine Reaktion nach Nadelbiopsie und UNMITTELBARER (d.h. 1 Tag nach Einnahmebeginn) Beginn der stetigen Größenreduktion des Lypmphknotens
    – der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gehört in die finsterste Polemik-Kiste, da (wie der von Ihnen selbst zitierte Satz klar zeigt) während des Rückgangs des Lympmphknoten engmaschigste (z.T. tägliche) Kontrollen des Therapie-Erfolgs stattfanden. Jedes andere Vorgehen einschließlich Beginn einer Chemotherapie wäre unter diesen besonderen Umständen einer Körperverletzung und einem Kunstfehler gleichgekommen (das haben auch die Onkologen so gesehen….)
    – da Sie sich (mangels schlüssiger Argumente?) an Kleinigkeiten aufhängen: Ja, man hätte vielleicht besser den Ausdruck „Neo-Adjuvante“ Therapie verwenden sollen.
    – zu den Latenz-Vorwürfen und der Kritik bzgl. der diagnostischen Methoden wenden Sie sich bitte an die zu jeder Zeit diagnostisch und planend federführenden Onkologen!!
    – bzgl. den Unterstellungen und Wertungen zu Prof. Walach, Prof. Mathiessen und anderen: Es dürfte Ihnen bekannt sein, dass über Edzard Ernst, mit dem Sie ja so eng kooperieren, Prof. Hahn einst sagte: „Ich habe noch nie einen wissenschaftlichen Schriftsteller gesehen, der so offensichtlich voreingenommen war, wie Edzard Ernst.“
    – zum kleinen „Schönheitsfehler“: Lesen Sie erst den gesamten Absatz, und bedenken Sie, dass Potts et al. selbst den Zusammenhang zur Punktion in Zweifel ziehen……
    – @ Aust: Mit dem Ansprechen des Interessenkonflikts haben Sie ja schon bei anderen Autoren versucht, die Seriosität anzuzweifeln, wo Ihnen entwaffnend in etwa so entgegnet wurde: Dann ist jede Veröffentlichung eines klinisch arbeitenden Forschers anzuzweifeln!
    -@ Borstel zum guten Schluß: Für alle weitere anregende (?) Kritik bitte den wissenschaftlich anerkannten Weg eines Kommentars an das Journal wählen!

  8. borstel sagt:

    Nun, der Drachenkopf mag etwas zähe im Magen liegen, weil Spontanremissionen im Normalfall beim Arzt Mißtrauen hervorrufen – verschwindet der Tumor wirklich von alleine? Mithin, wäre eine eventuelle Polychemotherapie völlig umsonst gewesen?

    Aber die Schlußfolgerungen von Herrn Dr. Hümmer sind unbegründet, und zwar nicht nur in Bezug auf die Frage von Korrelation versus Kausalität, wie Herr Dr. Aust schon festgestellt hat.

    Von Anfang an: Zunächst irritierte mich deutlich, daß der Patientin eine Stanzbiopsie des Lymphknotens zuteil wurde. Ich habe noch gelernt und sehe mich durch die Leitlinien für das Hodgkin-Lymphom sowie für Non-Hodgkin-Lymphome bei Kindern bestätigt, daß der Goldstandard noch immer eine komplette Entnahme des Knotens ist (https://www.awmf.org). Sei es, wie es ist, denn offenbar reichte das Material dem Pathologen für die Sicherung der Verdachtsdiagnose aus.
    Die aktuelle Empfehlung auf Onkopedia beinhaltet bestimmte histopathologische Untersuchungen, welche im vorliegenden Fall offenbar nicht erfolgt sind (https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/diffuses-grosszelliges-b-zell-lymphom/@@view/html/index.html). Da diese Empfehlungen aber erst etwas nach der Untersuchung der Gewebeprobe des von Hümmer et al. beschriebenen Falles veröffentlicht wurden, ist darüber getrost hinwegzugehen.
    Was mich weiterhin erstaunte, war, wie lange es ab Erstvorstellung brauchte, bis der Lymphknoten überhaupt bioptiert wurde und die Diagnostik komplettiert war: Fast zwei Monate! Das ist bei Verdacht auf ein (womöglich noch aggressives) Lymphom definitiv zu lang. Sei auch dieses, wie es sei, die Patientin hat es ja überlebt.
    Die Tumorformel nach der Ann-Arbor-Klassifikation wäre übrigens ein Stadium IA, das nur zur Vervollständigung.

    Nun aber zur Kritik an der Homöopathie: Einerseits hat die Patientin keine „adjuvante Behandlung“ erfahren, denn das bedeutet, sie hätte eine Nachbehandlung nach erfolgter Haupttherapie erhalten. Ein Beispiel aus der Onkologie wäre eine Nachbestrahlung nach brusterhaltender Operation bei Brustkrebs.
    Andererseits hat ja Herr Dr. Aust schon klar beschrieben, daß insbesondere bei unklarem Wirkmechanismus bzw. hier: einem in sich unplausiblem Verfahren, mittels eines case reports keine Klärung getroffen werden kann, ob das Verfahren nun etwas taugt oder nicht.

    Richtig interessant wird es jedoch bei einem Teil der verwendeten Quellen und Gewährsleute: Der Herr Dr. Wurster, der mit Herrn Prof. Dr. Frass gegen Dr. Aust schreibt (https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/a-0721-2782) – wenig überzeugend, wie ich finde, aber dafür umso mehr beleidigt. Aber das wäre einen eigenen Kommentar wert, und den werde ich nicht schreiben, weil bei Wurster sowieso Hopfen und Malz – aber lassen wir das.
    Dann Herr Matthiessen, dessen an ein wütend aufstampfendes Kind erinnerndes Pamphlet gegen das „Münsteraner Memorandum“ bereits vor einiger Zeit für allgemeine Heiterkeit gesorgt hat (https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/a-0758-9471).
    Dann Herr Prof. Dr. Walach, der ja nun überaus unterhaltsam ist, aber nicht mehr als wissenschaftlich arbeitender Mensch ernst zu nehmen.
    Dann die eigene Forschungsarbeit von Dr. Hümmer aus dem Jahr 2005 (https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/s-2005-862573): Ist sie jemals reproduziert worden?
    Die Arbeit einer französichen Gruppe zu G. sempervirens bei Nervenzellkulturen auf Tumorzellen übertragen zu wollen, halte ich für nicht zielführend. Überdies ist die Arbeit (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3999908/) harsch ob ihrer Methodik kritisiert worden (Link am Anfang des Papers). Zudem würde mich die Mittelfindung bei einer Zellkultur mal sehr interessieren – Pendeln, oder was?
    Als Gipfel dann Herrn Dr. Hümmers Kollege Dietmar Payrhuber mit einer Veröffentlichung – im Narayana Verlag, diesem Esoterikverein! (Herr Wurster hat es ja immerhin noch in den Elsevier-Verlag geschafft.) Eine Verlinkung allerdings geht zum Thiemeverlag. – Herr Dr. Hümmer: Ich mag ja verstehen, daß Ihr Coautor gerne eine seiner eigenen Arbeiten zitiert, aber sind Sie sich ganz sicher, daß als Homöopathiesystem ausgerechnet Herr Scholten und sein Periodensystem der Elemente der letzte Schluß sind (https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/s-2006-932282)?

    Nach der Polemik jetzt noch einmal eine kühle Auseinanderstzung mit einem Faktum: Viele der Arbeiten, die Sie zitieren, sind nicht open access, aber die entscheidende zum Thema, nämlich Potts et al. „Spontaneous Remission of an Untreated, MYC and BCL2 Coexpressing, High-Grade B-Cell Lymphoma: A Case Report and Literature Review“ (https://www.hindawi.com/journals/crihem/2017/2676254/) ist es. Ich will jetzt nicht anfangen, mich über Hindawi auszulassen, ob sie nun „predatory journals“ produzieren oder nicht, Fakt ist, daß sie bei Pubmed gelistet sind. Mich interessiert vielmehr die Aussage der Autoren, die für ihren Fall die Möglichkeit eines Zusammenhanges zwischen der Biopsie mit der daraus resultierenden Verletzung des Tumors und nachfolgender Entzündungsreaktion diskutieren, aber diesbezüglich sich skeptisch äußern – Korrelation ist nicht gleich Kausalität, und die Autoren sind diesbezüglich erheblich vorsichtiger als Sie, Herr Dr. Hümmer. Sie hingegen kommen aufgrund willkürlich interpretierter (und überdies schwacher) Daten zu dem bemerkenswerten Schluß: „Es versteht sich von selbst, dass jegliche rein homöopathische Tumortherapie nur unter engmaschiger Erfolgskontrolle angewandt werden darf. Gegebenenfalls muss eine Umstellung auf, beziehungsweise Ergänzung durch, konventionelle Radio-Chemotherapie erfolgen. Es darf definitiv nicht zu einer ungerechtfertigten Verzögerung von etablierten, durch Evidenz gesicherten Therapien kommen.“ Das ist aus meiner Sicht alleine schon deswegen grob fahrlässig, weil es bei einigen (nicht allen) Tumorerkrankungen um sehr kurze Zeiträume geht, in denen die Erkrankung sehr rasch fortschreiten kann (mit sehr negativen Auswirkungen auf den Therapieerfolg), wie z.B. Akute Leukämien, kleinzellige Bronchialkarzinome und eben auch die besagten aggressiven B-Zell-Lymphome. Hier erst Versuche mit Homöopathie zu machen, erscheint nicht angebracht.

    Allerdings hat Ihr Fallbericht einen kleinen Schönheitsfehler: Sie diskutieren, daß durch chirurgische Eingriffe eine Remission ausgelöst werden könnte und belegen dies auch folgerichtig mit Quellen. Einen Absatz weiter schreiben Sie dann jedoch:
    „Auch bei sorgfältiger Literaturrecherche konnte jedoch kein Fall einer Regression nach ausschließlicher Punktion eines malignen entarteten Lymphknotens gefunden werden.“ – Und das bringt mich wieder auf die Arbeit von Potts, die ich oben schon erwähnt habe: Die Kollegen beschreiben ein Lymphknotenkonglomerat und dann geschieht folgendes: „CT-guided needle core biopsy, flow cytometry, and fluorescence in situ hybridization (FISH) studies were performed.“ Potztausend, sie haben in den Knoten gepiekst, und zwar ausschließlich!! Das heißt, Sie haben die Arbeit nicht richtig gelesen. Ihre schöne Remission könnte also (wenn sie nicht „einfach so“ passiert ist), doch durch die relativ kleine Stanzbiopsie und eine nachfolgende Entzündungsreaktion mit Immunreaktion hervorgerufen worden sein.

    Drachenköpfe, Herr Kollege, sehen anders aus.

  9. Norbert Aust sagt:

    Hallo Herr Hümmer,

    seit ich Ihren Artikel gelesen hatte, habe ich auf Ihren Kommentar auf meinem Blog gewartet. Ich war ziemlich sicher, dass Sie sich melden.

    Zunächst ist die Heilung der Patientin ja sehr erfreulich und man kann allen Beteiligte nur zu dem glücklichen Ausgang herzlich gratulieren.

    Erwarten Sie auch keine inhaltliche Auseinandersetzung zu den Befunden, Therapien und Bewertungen. Da fehlt mir das nötige medizinische Fachwissen. Ich kann mich nur auf die wissenschaftliche Logik beziehen, ob der – von mir nicht angezweifelte – Ablauf auch die Schlussfolgerung rechtfertigt. Oder Kleinigkeiten, wie Ihre Aussage, es läge kein Interessenkonflikt vor. Nanu? Arbeiten Sie nicht mehr als Homöopath? Wenn doch, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie kein wirtschaftliches Interesse an positiven Darstellungen zur Homöopathie haben, gerade wenn sie auch noch aus Ihrer Praxis stammen.

    Aber lassen wir das.

    Zunächst ist das ein Einzelfall bei einem Krankheitsbild bei dem, wie sie selbst schreiben, Spontanremissionen vorkommen, wenn auch selten. Wie scheiden Sie aus, dass es sich um eine solche handelt? Dass die zeitliche Abfolge – etwas anderes haben Sie nicht – kein Zufall war? Nur dadurch, dass dies nicht dem Bild von beschriebenen Spontanremissionen entspricht. Wo liegt denn der Unterschied – außer in der zeitlichen Abfolge natürlich, indem zu einem passenden glücklichen Zeitpunkt ein Homöopathikum verabreicht wurde?

    Damit ist und bleibt das erst einmal ein post-hoc-ergo-propter-hoc Fehlschluss. Etwas anderes wäre es, wenn man halbwegs plausibel darlegen könnte, wie die Wirksamkeit zustande kam, oder wenn solche Entwicklungen statistisch auffällig gehäuft auftreten. Dann wäre es naheliegend einen Wirkzusammenhang zu vermuten, den man mit einer geeigneten Studie überprüfen müsste. Ersteres gibt es nicht, schon gar nicht bei C30-Potenzen. Für letzteres müssten Sie eine Statistik Ihrer Patienten vorlegen, die Sie mit ähnlichem Befund ähnlich behandelt haben und bei denen eine Erfolgsrate aufgetreten ist, die das Übliche übertrifft. Das geht an einem Einzelfall nicht, so glücklich dieser auch immer gewesen sein mag.

    Was diese Mercurius-Studie anbelangt: Wie wollen Sie die denn angemeldet kriegen? Haben Sie eine Vorstellung von den damit verbundenen Auflagen und Kosten? Tragen Sie die? Aber wenn Sie tatsächlich daran interessiert sind, dann kann ich Ihnen den Kontakt zu Frau Professor Jutta Hübner von der Uni Jena vermitteln, die für ein solches Vorhaben sicher besser qualifiziert ist als ich.

  10. Heinrich Hümmer sagt:

    Lieber Herr Aust,
    ich hatte Ihnen einen nachwachsendenden Drachenkopf versprochen: Hier ist er!

    https://www.karger.com/Article/FullText/500122

    Und Sie darauf:“Und auf den besonders zähen Drachenkopf freue ich mich schon.“
    Also: Guten Appetit! Langsam essen, nicht verschlucken!
    Und falls Sie umgekehrt wie Frau Grams konvertieren wollen: Unsere gemeinsame Merc-c-Studie (Sie erinnern sich?) wartet darauf, von Ihnen geleitet zu werden!
    Oder wie @Vitulus sagt:“Nun aber muss auch mal Schluss sein, Forscher haben wichtigeres zu tun als einen 250 Jahre alten Schildbürgerstreich zu entlarven.“
    Ja, nämlich im exzellenten statistischen Stil von Herrn Aust eine hieb-und stichfeste RCT-Studie FÜR die Homöopathie zu erstellen!

  11. Norbert Aust sagt:

    Sie hätten auch die Kommentare auf Ernsts Blog lesen sollen, z.B. diesen hier: https://edzardernst.com/2019/02/a-new-study-of-homeopathy-suggests-that-highly-diluted-remedies-are-better-than-placebos-and-i-cannot-fault-it/#comment-109937

    Ausführlicher werden Sie das in ein paar Tagen auch hier lesen können.

    Und auf den besonders zähen Drachenkopf freue ich mich schon.

    Viele Grüße
    N.A.

  12. Dr. Heinrich Hümmer sagt:

    „Man kommt gar nicht mehr nach mit dem Stellungnehmen, so schnell wächst der Unsinn an Studien nach – oder was für eine solche gehalten wird.“

    https://edzardernst.com/2019/02/a-new-study-of-homeopathy-suggests-that-highly-diluted-remedies-are-better-than-placebos-AND-I-CANNOT-FAULT-IT/
    „I WOULD BE MOST GRATEFUL, IF SOMEONE COULD HELP SOLVING THIS PUZZLE FOR ME“
    …die PUZZLE wachsen nach wie die Drachenköpfe……
    ……und bald kommt noch ein ganz besonders zäher Drachenkopf…..hoffentlich verschlucken Sie sich daran nicht mit der Stellungnahme (so wie Ernst an obigem).

  13. Pingback: „Homeopathy – where is the science?“ von Natalie Grams jetzt im Volltext online | gwup | die skeptiker

  14. Pingback: Mal wieder eine „positive“ Homöopathie-Studie – oder was Homöopathen dafür halten | gwup | die skeptiker

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.